Die Eiche – ein Wahrzeichen des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs
Ob als Solitäreiche, wie für das Wörlitzer Gartenreich typisch, oder als Eichen-Auennwald, wie an Flussläufen üblich – die Eiche ist stets eine Bereicherung für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild. Vor allem alte Eichen, die bis zu 1000 Jahre alt werden können, bieten mit ihrem ausladenden Kronendach, mit ihren Spalten und Höhlen, mit morschem und frischem Holz, sowohl für die größeren Tiere als auch für die kleineren zahlreiche Nischen zum Unterschlüpfen. Auf den folgenden Unterseiten erfahren Sie mehr über die Ökologie von Eichen und ihre Bedeutung für das Wörlitzer Gartenreich.
- Eichenquartier
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Ökologie
Die Eiche gehört zur Familie der Buchengewächse und ist den gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre überall heimisch. Ein typischer Vertreter unserer Elbaue ist die Stieleiche.
Am besten wächst die Stieleiche auf nährstoffreichen Lehm- und Tonböden. Auf Grund ihrer großen Wurzelenergie kann sie aber auch auf wechselfeuchten bis nassen Standorten gut wachsen. In Mitteleuropa wird die Stieleiche auf den gemäßigten Standorten natürlicherweise von der konkurrenzstarken Rotbuche verdrängt, so dass sie sich auf Sonderstandorte (azonale Standorte) zurückziehen musste. So ist die Eiche überall dort anzutreffen, wo es der Rotbuche zu feucht, zu trocken oder zu nährstoffarm ist. Zu diesen Standorten zählen unter anderem die periodisch überfluteten Hartholzauenwälder der großen Flusssysteme, wie die im Biosphärenreservat Mittelelbe.
Die Stieleiche erreicht eine Höhe von 20 bis 40 m und ein beachtliches Alter von 500 bis 1.000 Jahren, in Ausnahmefällen sogar bis 1.400 Jahre. Dabei dauert es mindestens 50 Jahre bis sie erstmalig Früchte trägt. Mit 150 bis 200 Jahren ist sie schließlich ausgewachsen. In dieser Zeit bildet sie ein mächtiges Kronendach aus, in welchem bis zu 300 Insektenarten Nahrung und Unterschlupf finden. Auch die rissige Borke beherbergt eine große Vielfalt an Insekten. Unter anderem fühlen sich hier die zu den größten europäischen Käfern zählenden, Hirschkäfer und Großer Eichenbock, wohl. Einerseits berauschen sich die ausgewachsenen 5 bis 7,5 cm großen Käfer am Saft blutender Eichen und zum anderen entwickeln sich die Larven im Holz der Eiche.
Doch nicht nur Insekten profitieren von dem Vorkommen der Eiche, auch größere Tiere finden Verwendung für die Produkte der Eiche. Die wohl bekanntesten Vertreter sind das Eichhörnchen und der Eichelhäher, welche das Wort Eiche bereits in ihrem Namen tragen. Eicheln sind eine schmackhafte Nahrung und gut geeignet zur Anlegung eines Wintervorrats zugleich. So vergräbt der Eichelhäher in der Sammelzeit von August bis Oktober 3000 bis 5000 Eicheln. Dabei überwindet er in Ausnahmefällen sogar Strecken von 5 bis 8 km. Da er nie alle Eicheln wieder findet sorgt er somit zugleich für eine effektive Ausbreitung der Eiche.
Anhalt - Land der Eichen
In der Vergangenheit wurden im Raum Dessau markante Einzelbäume als Landmarke oder als Grenzbäume bzw. Hutebäume genutzt. Der ästhetische Wert verlichteter Hutewälder und mit Alteichen bestandener Wiesen wurde Mitte des 18. Jahrhunderts erkannt und man begann mit der gezielten Anpflanzung von Solitäreichen auf Wiesen. In diesen landschaftlichen Gestaltungsprozess wurden die bereits vorhandenen lichten Eichenwälder und Wiesen bewusst als „Gesamtkunstwerk“ mit einbezogen. Stückweise nahm die Landschaft so die Gestalt des Wörlitzer Gartenreiches, wie wir es heute in Teilen noch kennen, an.
Mit der Entwicklung der Forstwirtschaft und dem Übergang zur Stallhaltung verloren Huteeichen immer mehr an Bedeutung. Auch die Unterstützung durch Fürst Leopold III (1758 – 1817) und Herzog Leopold IV (1817 – 1871) konnte diesen Prozess nicht stoppen. So ist der Gesamtbestand aus dem Jahr 1849 von knapp 24.000 Alteichen innerhalb von 23 Jahren auf lediglich 5.552 zusammengeschrumpft. Nur wenige Solitäreichen blieben bis ins 20. Jahrhundert erhalten, welche dafür aber so imposant sind, dass sie einen eigenen Namen tragen.
- „Bankeiche“ am Wallwitzberg
- „Wettereiche“ am Leiner See
- „Großvatereiche“ und „Großmuttereiche“ im Hinteren Tiergarten
- „Wallsteinereiche“ an der Sauergartenalleebrücke
- „Schloßeiche“ in Oranienbaum
Um das Landschaftsbild auch für zukünftige Generationen zu erhalten, werden heute wieder gezielt Einchenpflanzungen nach historischem Vorbild (sogenannte Eichenquartiere) angelegt. Für eine kontinuierliche Verjüngung sind schätzungsweise 4.000 bis 5.000 Eichenpflanzungen innerhalb von 50 Jahren erforderlich. Die Koordinierung der Pflegeeinsätze, die 10 bis 15 Jahre nach der Pflanzung notwendig sind, übernimmt zum großen Teil der Förder- und Landschaftspflegeverein Biosphärenreservat „Mittelelbe“. Dabei werden ausgefallene Bäume ersetzt, beschädigte Zäune repariert und es wird gemäht.
Projekte
Eichenpflanzungen in Wörltiz
Innerhalb des Projektes „Umsetzung von NATURA2000“ wurden im Rahmen eines Teilprojektes in Abstimmung mit dem Biosphärenreservat Mittelelbe und der Kulturstiftung Dessau Wörlitz im Herbst 2010 zwanzig neue Eichenquartiere im Gebiet der Kupenrohrlache angelegt.
Weiterhin wurden in Zusammenarbeit mit der Luisenschule Wörlitz und mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe, Ende 2011 junge Eichen in Quartieren nachgepflanzt, für die die Schüler bereits drei Jahre zuvor eine Pflegepatenschaft übernommen hatten.
Im Rahmen der von Europarc und der Firma Town&Country unterstützten Kampagne „Wir sind Wald“ konnten 2011 außerdem Eichen im Gebiet nördlich von Dessau gepflanzt werden.
Pilotprojekt: Eichen an der Mittelelbe
„Eichen an der Mittelelbe / Kulturgeschichte und Lebensraum an der Mittelelbe – bewahren und erleben!“
war das Pilotprojekt 2012 im Rahmen von „Ehrensache Natur -Freiwillige in Parks“. Es ist damit das zweite Pilotprojekt seit 2011, welches als vorbildliches Beispiel für ehrenamtliches Engagement in den Nationalen Naturlandschaften gefördert wurde.
Ziel des Pilotprojekts war es,
- auf den naturschutzfachlichen und kulturgeschichtlichen Wert der Alteichen im Biosphärenreservat – insbesondere im Dessau-Wörlitzer Gartenreich – aufmerksam zu machen
- die vorhandenen Bestände an Alteichen zu schützen
Was passierte im Pilotprojekt?
Regionale, vor allem ehrenamtliche Akteure halfen dabei, alte Stieleichen in den Auenwäldern zu erfassen. Dabei wurde u.a. die Gesundheit der Eichen bewertet und eingeschätzt, wie sich der Zustand der einzelnen Bäume und seine Lebensraumfunktion verbessern würden, wenn sie als landschaftstypische, einzeln stehende Bäume freigeschnitten (freigestellt) würden.
Im Herbst 2012 wurden einige ausgewählte Alteichen freigestellt. Außerdem wurden neue Eichen gepflanzt und Eicheln gesammelt. Diese Eicheln übernahm eine regionale Baumschule zur „Aufzucht“. Die dort aufgezogenen heimischen Pflanzen wurden später in den Wäldern an der Mittelelbe wieder angepflanzt.
Durch das Pilotprojekt sollten auch neue Freiwillige, vor allem Kinder und Jugendliche, für eine ehrenamtliche Naturschutzarbeit interessiert und gewonnen werden. Im Juni führte der Förderverein zu diesem Zweck einen Ideenwettbewerb mit Schülerinnen und Schülern der 6. und 7. Klasse des Philantropinums, einem Dessauer Gymnasium, durch. Aufgabe war es, einen begehbaren „Eichen-Erlebnisstamm“ zu entwerfen. Die Kinder waren mit Begeisterung dabei und entwickelten viele kreative Ideen. Auf dieser Grundlage entstand später der „Eichen-Erlebnisstamm“ – eine weitere Attraktion des Biosphärenreservat-Infozentrums.
Das Projekt wurde von EUROPARC Deutschland e.V. unterstützt. Die Fördermittel entstammen den Geldern des Midori-Biodiversitäts-Preises, den Bundeskanzlerin Merkel 2010 von der japanischen Umweltstiftung AEON für ihren Einsatz für den weltweiten Schutz von Arten und Lebensräumen erhielt und an das Freiwilligenprogramm in den Nationalen Naturlandschaften „Ehrensache Natur – Freiwillige in Parks“ weitergereicht hat.