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Naturschutz & Landschaftspflege

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Der Förder- und Landschaftspflegeverein Biosphärenreservat "Mittelelbe" e.V. engagiert sich in vielfältigen Förderprojekten. Erfahren Sie auf diesen Seiten mehr über unsere Arbeit.

Natura 2000

Voluntourismus

Beschilderung Natura 2000

 

Erlebnisbericht von Linus Gans (FÖJler 22/23 beim FÖLV)

 Ameisenhegerausbildung

Lasius niger – schwarze Wegameise“ erklärt mir Tony Arnoldt, Ausbilder in dem Ameisenhegerseminar, auf meine Frage: ´Welche wohl die üblichsten Ameisen sind? ´. Allerdings keine Ameisen, mit welchen wir uns hier beschäftigen. Doch von was reden wir hier überhaupt?

In dem Zeitraum vom 09.05.2023 – 11.05.2023 fand im Schwabehaus Dessau im Auftrag eines ELER-Projektes (NATURA 2000- Praktisch umgesetzt, Teil 3) eine Ausbildung zum Ameisenheger statt. So meldeten sich 12 mutige Teilnehmer, darunter auch ich, und bewerkstelligten innerhalb von 3 Tagen Theorie, Praxis und Prüfung. Und das war nicht ohne, so lernten wir jegliche Details und Gewohnheiten der kleinen Waldhelferchen kennen, sodass man sie nun noch mehr zu schätzen weiß.

Angeleitet von Dr. Angelika Mann & Tony Arnoldt erhielten wir in Form von Vorträgen zunächst einen Überblick über die Geschichte der Ameisen. Angefangen von der Biologie über die diversen Ameisenarten bis hin zum Ablauf und den Kenntnissen der Umsiedlung eines Ameisenhaufens, tauchten wir Schritt für Schritt in die Materie ein, um uns auf den folgenden Tag, die tatsächliche Umsiedlung eines Ameisenhaufens in der Praxis, vorzubereiten.

Um die Geschöpfe möglichst im müden und trägen Modus zu erwischen, ging es bereits 6:00 Uhr los. Prinzipiell lässt sich der Vorgang einer Umsiedlung recht simpel erklären, was es in der Umsetzung allerdings nicht leichter macht. Zunächst versucht man mit schnellem Agieren den Nestkern, also das obere Nest, welches man mit bloßem Auge zu erkennen vermag, mitsamt den meisten darin lebenden Ameisen zu fangen. Dieser wird dann in einem separaten Behälter abgelegt. Im Idealfall fängt man sogleich die Ameisenkönigin/en mit ein. Sie ist von großer Bedeutung, da das Ameisenvolk nur mit ihren Anweisungen überleben kann.

Danach versucht man sich dem Erdnest Stück für Stück zu nähern und die Ameisen in großer Anzahl „einzutüten“. Dabei muss darauf geachtet werden, dass selbst die einzelnen Gänge, welche nicht immer gleich erkennbar sind, mit kontrolliert werden. So wird das Nest Stück für Stück langsam ausgehoben und versucht den Großteil der Ameisenbevölkerung einzufangen.

Bei unserer Umsiedlung am Mittwochmorgen sind wir wie beschrieben vorgegangen. Bewaffnet mit Kanister, Schaufel und Kehrblech, galt es nun zwei Nester umzusiedeln. Bereits nach dem ersten Spatenstich kamen die Ameisen wie aus dem nichts angestürmt, dabei meinte Tony Arnoldt im Nachhinein sogar noch, sie wären verhältnismäßig ruhig und friedvoll gewesen. Als wir das Erdnest vollständig ausgehoben hatten, ging es weiter mit den kleineren Seitengängen. Gerade als man schon gedacht hat, es wäre die letzte Ameise gewesen, kam auch schon die nächste hinaus. Dieses Spektakel wiederholte sich einige Male. Angelika Mann erklärte, manche Ameisen würde in die Angriffsposition gehen und versuchen den Eindringling zu vertreiben, andere dagegen würden sich in den unteren Gängen verstecken und warten bis die Gefahr vorbei ist. Dies erklärt auch den ständigen Nachschwung an Ameisen eines Ganges.
Nachdem wir das Erdnest sowie die tieferen Teile des Nestes geleert hatten und die Ameisen in den Kanistern zwischenplatziert haben, galt es ein Ersatznest für die zurückgebliebenen Ameisen zu schaffen. Dieses bestand aus einem Bund kleiner Ästchen, überschüttet mit etwas Reisig und Nadeln für den Bau des neuen Nestes, sowie etwas Zucker, welcher nicht nur eine Entschädigung für das Zerstören ihres Nestes darstellte, sondern auch zur Gewinnung neuer Energie dienen sollte.

So beendeten wir den ersten Teil unserer Umsiedlung. Allerdings mussten die Nester nun noch an einen anderen Ort gebracht werden, welcher nicht weiter als 25 Kilometer entfernt sein sollte. So fuhren wir an die zuvor festgelegten Orte um dort die Ameisen ihr neues Zuhause aufbauen zu lassen. Voraussetzungen für diese waren: genügend Sonnenlicht, die Möglichkeit an Nahrung zu gelangen z.B. über gesunde Bäume und ein ruhiges Plätzchen, welches nicht von einer anderen Ameisenkolonie in der Nähe besiedelt wird. An besagtem Ort angelangt ließen wir die Ameisen mitsamt Nestkern und Nestmaterial wieder frei. Besonders achteten wir darauf, den Ameisen so wenig wie möglich etwas vorzufertigen, da diese sich ihr neues Nest komplett selbst bauen. So breiteten wir ihre Baumaterialien (Reisig und Nadeln) sacht in einem kleinen Radius nahe eines alten Baumstumpfes aus. Auch hier stellten wir Energieschub in Form von Zucker bereit, in der Hoffnung, dass sich das Ameisenvolk auf die Umsiedlung an ihr neues Zuhause einlässt. Es kann nämlich immer sein, dass die Ameisen sich nicht wohl fühlen und sich entweder einen anderen Platz suchen, oder sogar ganz zu Grunde gehen da ihre Königin fehlt oder andere Faktoren nicht stimmen.

Doch wie so oft im Leben läuft nicht immer alles ganz nach Plan. Als wir gerade dabei waren die Materialen für das zweite Nest zu seinem Standort zu tragen, fiel einer Seminarteilnehmerin auf, dass an einer nahestehenden Birke bereits ein anderes Volk haust, welches wir zuvor nicht gesehen hatten. Dies bedeutete für uns, dass wir uns einen neuen Standort für die Ameisen suchen mussten, denn die beiden Ameisenvölker würden sich gegenseitig bekriegen und einander vertreiben. Wie vom Pech verfolgt suchten wir in der Gegend einen neuen Standort, doch jedes Mal wenn sich etwas Geeignetes finden ließ, rief ein anderer, es würden auch hier welche hausen. So verloren wir sehr viel Zeit bis wir uns entschlossen, in dem gegenüberliegenden Kühnauer Park weiterzusuchen. Dort fanden wir auch schließlich an einer anderen Birke eine geeignete Stelle, an welchem wir die Ameisen schlussendlich niederließen. Nun bleibt nur zu hoffen, dass sie den Ort ihres neuen Zuhauses so passend finden, wie wir es tun. Die Zeit des Seminars war also gut genutzt, denn die Teilnehmer konnten ihr Gelerntes in die Tat Umsetzen und bestimmten so gut wie möglich die dort heimischen Waldameisen. Nach dieser Aktion widmeten wir uns unserem Selbststudium.

Schließlich am letzten Tag des Seminars angekommen, vernahmen wir noch ein paar Zusammenfassungen aus vergangenen Vorträgen und übten ein letztes Mal an den Mikroskopen. Nach einer stärkenden Mittagspause war es dann soweit. Die Prüfung bestand aus zwei Teilen, dem theoretischen Teil: ein Katalog mit 25 Fragen über das generelle Thema Ameisen und wie man sie umsiedelt, sowie den praktischen Bestimmungsteil, bei welchem man aus 6 Waldameisen 2 bestimmen musste. Hierbei konnte man sich mit Hilfe eines „Ameisenschlüssels“ an den jeweiligen Details, wie Haare, Kopfform oder Farbe entlanghangeln und so die Waldameisen bestimmen. Lange Rede kurzer Sinn, mit kulantem Blick ließen uns unsere Ausbilder dankend bestehen.

Doch hätte mir jemand vor dem Seminar Fachbegriffe wie Formica sanguinea, Formica pratensis oder Formica polyctena an den Kopf geworfen, hätte ich diesen nur lachend geschüttelt. Jetzt kann ich nicht nur mit genannten Worten etwas anfangen, sondern auch mit einem qualifizierten Zertifikat angeben.

 
 
 
 
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